Interviews,  Magazin

Interview mit Maxim Rubtsov

Lieber Herr Rubtsov, Ihre künstlerische Karriere begann mit dem Klavierspielen im Alter von fünf Jahren und später mit dem Tanzen in der berühmten Moiseyev Dance Company. Wie sind Sie zum Flötenunterricht gekommen?

Ich fing mit fünf Jahren an Blockflöte zu lernen und gleichzeitig begann ich mit dem Klavierunterricht, um das richtige Solfeggio zu lernen. Meine Mutter, die Klavier spielt und unterrichtet, inspirierte mich, ich sah an ihrer Musikschule häufig die Kombination von Flöten- und Klavierduos. Ich war fasziniert von diesen Konzerten und wollte beide Instrumente ausprobieren, um zu sehen, welches ich bevorzugte. Nach der Blockflöte war meine erste Querflöte im Alter von sieben Jahren ein Piccolo. Ich bewegte mich gerne, wenn ich Musik spielte, und fing an zu tanzen und mich durch Bewegung auszudrücken. Dadurch wurde ich eingeladen, für den berühmten Regisseur Igor Moiseyev zu tanzen, als er meine Heimatstadt in Brjansk besuchte. Er schuf viele renommierte russische Volkstanzproduktionen und Kollaborationen in ganz Russland.

Meine ersten Darbietungen auf der Flöte wurden mir ermöglicht, als die Kompanie mich während der Tanzpausen als Teil eines Zwischenspiels auf dem Piccolo spielen ließ. Ich wählte das Piccolo für diese Darbietungen, weil es ein lautes Instrument ist und ich glaubte, dass es mehr Persönlichkeit hat. Im Allgemeinen war ich für alle Erfahrungen als Kind sehr offen, probierte neue Dinge aus und leistete so viel wie möglich. Nun tanze ich nicht mehr, außer mit meinen Fingern (und manchmal meinen Augenbrauen!) während meiner Flötenvorstellungen.

In jungen Jahren sind Sie an die Moskauer Gnessin-Musikakademie gewechselt, die weit von Ihrer Heimatstadt entfernt ist. War damals klar, dass Sie professioneller Flötist werden wollen?

Mit vierzehn habe ich angefangen, über eine Karriere in der Musik nachzudenken. Zu dieser Zeit spielte ich für einen berühmten Klarinettenprofessor, Ivan Panteleevich Mozgovenko, in Moskau. Er empfahl mir, die Gnessin-Akademie zu besuchen, ein Konservatorium für talentierte junge Musiker. Somit verließ ich meine Heimatstadt und zog für ein intensives Musikstudium nach Moskau. Ich hatte immer viele Interessen, einschließlich Chemie und Sozialwissenschaften, aber mein Weg führte mich zu Auftritten.

Sie haben ein paar Jahre später ein Musikstudium am Moskauer Staatskonservatorium abgeschlossen. Können Sie uns einen Einblick in die russische Instrumentalausbildung geben? Was unterscheidet die russische Schule Ihrer Meinung nach am meisten von anderen bei der Flötenausbildung?

Ich hatte großartige Lehrer, die einen großen Einfluss hatten, einschließlich meines Professors am Moskauer Konservatorium, Yuri N. Dolzhikov. Mein Studium hat mir ein breites Spektrum an Wissen vermittelt, dafür bin ich sehr dankbar. Im Allgemeinen war mein Training konservativ und oft streng. Ich kann keinen Vergleich zwischen der russischen Schule und anderen ziehen, aber ich kann sagen, dass ich in einem ernsthaften Umfeld unterrichtet wurde, das die Professionalität förderte.

Neben Ihrer Tätigkeit als klassischer Flötist im russischen Nationalorchester haben Sie sich mit Jazz und anderen genre-übergreifenden Kompositionen befasst, einschließlich den Werken von Chris Brubeck für Jazzquartett und Bläserquintett, zusammen mit dem Russian National Orchestra Wind Quintet, dessen Gründungsmitglied Sie sind. Wie kam es dazu, warum Jazz?

Es war eine großartige Zeit für meine Kollegen und mich. Die Zusammenarbeit war Teil einer Tournee durch Russland und die USA. Mein erster Auftritt mit dem Russian National Orchestra in Moskau war der gleiche wie 1997 mit dem Chris Brubeck-Quartett. Zu dieser Zeit war ich äußerst aufgeregt, mit dieser Orchesterqualität zu spielen. Umso mehr freute ich mich über diese einmalige Aufführungsmöglichkeit, bei der der Geist der Musiker des RNO mit dem Chris Brubeck Jazz Quartet kombiniert wurde. Es war unglaublich bewegend und es war ein intensiver Moment, der diese beiden Kulturen verband und die Welt kleiner erscheinen ließ. Während dieses Festivals, traf ich viele einflussreiche Leute, es diente als Katalysator für viele zukünftige Kollaborationen mit hochtalentierten Personen.

Maxim Rubtsov

Sie sind vor ein paar Jahren auch auf Instagram aktiv geworden. Ihr Konto hat über 20.000 Follower und Ihr Feed fast 1000 Beiträge. Denken Sie, dass Künstler und Künstlerinnen heutzutage in den sozialen Medien präsent sein müssen?

Ich denke nicht, dass es eine Notwendigkeit ist, aber ich teile gerne meine Stimmung und meine Erfahrungen. Instagram war eine hilfreiche Plattform, um neue Leute in der Flöten- und Musik-Community kennenzulernen.

Auf Ihrem Instagram-Profil zeigen Sie zahlreiche Ausschnitte von Orchesterauftritten und beliebten Flötensoli. Inwieweit unterscheidet es sich, diese Orchesterausschnitte zu üben und bei einem Probespiel zu präsentieren,zu jene dann in einem Orchester aufzuführen? Welchen Rat haben Sie für ambitionierte Studierende?

Ich habe während der Proben angefangen, mich selbst aufzunehmen, was eine hervorragende Methode zur Verbesserung war. Ich empfehle dringend, sich selbst aufzunehmen, um genauer zu sehen und zu hören, um zu wissen, was einem gefällt und was verbessert werden muss. Ich übe meine Ausschnitte, als wäre ich in einer Aufführung oder einem Vorspiel. Es ist wichtig, seine Proben so zu inszenieren, als hätte man ein Publikum, damit sich die Konzertsituation natürlich anfühlt.

Wie würden Sie nach Auftritten in vielen Ländern und Staaten der Welt, einschließlich der USA, die Klangfülle des russischen Orchesters charakterisieren? Was sind die spezifischen Herausforderungen und Anforderungen an einen Flötisten / eine Flötistin?

Ich habe das Glück, unglaublich talentierte Flöten- und Holzbläserkollegen zu haben. Wir haben viele Jahre zusammen gespielt und wir kennen die einzelnen Noten / Tonhöhen der anderen für die Intonation. Es ist leicht, zusammen zu atmen und wir kennen alle unsere Gewohnheiten. Wir arbeiten als kollektives Ganzes und können dadurch ein hohes Maß an Kunst zeigen. Wenn man das hat, spielt es keine Rolle, wo man auftritt, man kann sich an die jeweilige Akustik eines Konzertsaals anpassen.

Ich bemerke keinen spezifischen Unterschied im russischen Flötenklang im Vergleich zu anderen Ländern. Es ist meine Philosophie, dass Flötisten und Flötistinnen die Klangfarbe basierend auf dem Komponisten und der Stimmung des Stücks ändern müssen. Der Klang sollte den Kontext der Musik widerspiegeln.

In einer Ausgabe von The Flute View sprachen Sie über die Stanislavski-Methode für Orchestermusiker und -musikerinnen. Können Sie Ihren Ansatz in wenigen Sätzen erläutern?

Wie Schauspieler im Theater fragen wir Musiker uns, was der Komponist gemeint hat, als er diese Noten geschrieben hat? Warum dieses Tempo oder dieser Rhythmus? Was ist der Charakter meines Instruments und wie zeige ich es in einer Phrase oder einem Lied?

Die Essenz der Stanislavski-Methode besteht darin, neue Erfahrungen zu nutzen, die aus stundenlangem Üben, Nachdenken, Proben und Reisen durch neue Kulturen und Repertoires stammen. Ich lasse mich von der Luft um mich herum inspirieren, von den Geräuschen der Wälder und Ozeanen und von den Menschen, die sich ganz der Musik und unserem kollektiven Schicksal widmen. Zu meinen Kollegen im Orchester gehören einige sehr gute Musiker und wir haben festgestellt, dass die ganze Welt unsere Bühne ist. Dies ist die Stanislavski-Methode.

Letzte Frage: Mitte August haben Sie in Wien einen Meisterkurs abgehalten, der vom Österreichischen Flötengesellschaft organisiert wurde. Wie war diese Erfahrung?

Ich habe mich gefreut, Wien und die Österreichischen Flötengesellschaft zu besuchen. Wien hat eine reiche Musikgeschichte, und ich war begeistert, mich von denselben Orten inspirieren zu lassen, die Komponisten wie Beethoven und Mozart besucht, wo sie gearbeitet und gelebt haben. Ich habe es auch genossen, einige Mitglieder der Österreichischen Flötengesellschaft zu treffen, einschließlich Maria Kósa, die uns freundlicherweise die beste Eissalons im Rahmen einer Abendtour in der Wiener Innenstadt gezeigt hat.

Die Meisterklasse war ein Erfolg, und es war ein Genuss, den talentierten Schülern zuzuhören, die den Kurs besuchten und sogar einiges von Telemann als Ensemble vom Blatt spielten. Bei dem Workshop ging es nicht nur darum, meine Techniken und Methoden zu lehren, es war auch eine Gelegenheit für mich, von neuen Freunden und Flötenkollegen zu lernen. Letztendlich reise ich gerne durch die Musik, weil ich mich von den lokalen Musikern und Musikerinnen, der Geschichte des Ortes und den Erfahrungen meines Besuchs inspirieren lasse.

Maxim Rubtsov ist der Soloflötist des Russian National Orchestra und Gründungsmitglied des RNO Wind Quintet. Er ist einer der wichtigsten Musikbotschafter Russlands. Seine Solokonzerte wurden im National Public Radio der Vereinigten Staaten und im russischen Kulturfernsehkanal aufgeführt.

Instagram: @maxim_rubtsov

Das Interview führte Mirjam Braun für die ÖFG.